Wenn Stark­re­gen die Strom­lei­tun­gen in Vör­den „frei­s­pült“

Kreis Höxter/Marienmünster

Wenn Was­ser­mas­sen bei Stark­re­gen von den Fel­dern hin­ab zur Bebau­ung flie­ßen, dann kann es manch­mal rich­tig dra­ma­tisch wer­den. So wie in Mari­en­müns­ter-Vör­den unter­halb des Umspann­wer­kes, wo sogar dicke Stark­strom­lei­tun­gen frei­ge­spült wor­den sind.

Anwoh­ne­rin Eva Stri­cker sitzt der Schre­cken immer noch in den Kno­chen. Ihr Hil­fe­ruf lau­te­te: „Hier ist wie­der Land unter. Schon lan­ge haben wir Pro­ble­me. Schlamm, Stei­ne und guter Mut­ter­bo­den flie­ßen mit dem Was­ser unge­hin­dert von Alten­ber­gen bis hin­un­ter zur Bache“, berich­tet sie. Und Stark­strom­ka­bel lie­gen, ver­ur­sacht durch die Regen­mas­sen, über eine län­ge­re Stre­cke frei. Die alar­mier­te Stadt Mari­en­müns­ter han­del­te sofort.

Fast 30 Liter Regen pro Qua­drat­me­ter fie­len an dem Tag auf den Boden in Vör­den. Die klei­ne Stra­ße „Am Umspann­werk“ glich danach einer Groß­bau­stel­le und wur­de von der Kom­mu­ne sofort in Tei­len abge­sperrt, um Bür­ger vor mög­li­chen Gefah­ren, zum Bei­spiel einem tie­fen Sturz, zu bewahren.

„Die­ses Ereig­nis am Sonn­tag, 1. Juni, ist schon ein ech­ter Son­der­fall. Dass sogar Stark­strom­ka­bel in der Tie­fe dadurch offen­ge­legt wor­den sind – das hat es so noch nicht gege­ben“, bestä­tig­te Bür­ger­meis­ter Josef Suer­mann dem WESTFALEN-BLATT.

Ein Son­der­fall in der Gemeinde

Inzwi­schen habe die Gemein­de mit dem Netz­be­trei­ber West­fa­len-Weser-Netz sowie dem betrof­fe­nen Land­wirt gespro­chen. Durch geeig­ne­te Maß­nah­men (unter ande­rem ein Git­ter­sys­tem zur Ver­stär­kung im Boden) will man dort in der Stra­ße „Am Umspann­werk“ zukünf­tig ver­hin­dern, dass es wie­der zu so einem ekla­tan­ten Zwi­schen­fall kommt. Und natür­lich wer­de die an der Sei­te auf­ge­ris­se­ne Stra­ße durch den Netz­be­trei­ber bezie­hungs­wei­se eine beauf­trag­te Fir­ma repariert.

Selbst der Ver­wal­tungs­chef von Mari­en­müns­ter hat auf sei­nem pri­va­ten Grund­stück in Höx­ter Vor­sor­ge tref­fen müs­sen. „Ich habe eine Kel­ler­trep­pe an unse­rem Wohn­haus, und bei Stark­re­gen war die Gefahr immer sehr groß, dass Was­ser fast unge­hin­dert ins Haus fließt. Ich habe des­halb extra eine ent­spre­chend star­ke Spe­zi­al­tür ein­bau­en las­sen“, so Suermann.

Und wel­che Tipps hat die Ver­brau­cher­zen­tra­le, wenn es um Stark­re­gen und Hoch­was­ser im Kreis Höx­ter geht? Denn die Gefah­ren wür­den auf­grund des Kli­ma­wan­dels immer grö­ßer. Hef­ti­ge Gewit­ter, stun­den­lan­ger Regen und über­for­der­te Kana­li­sa­tio­nen – mit zuneh­men­den Wet­ter­ex­tre­men stei­ge auch das Risi­ko für Überschwemmungen.

Ute Del­imat von der Ver­brau­cher­zen­tra­le NRW im Kreis Höx­ter: „Beson­ders gefähr­det sind tief­lie­gen­de Haus­ein­gän­ge, Kel­ler und Sou­ter­rain­räu­me. Kann das Was­ser aus der Umge­bung nicht abflie­ßen, gelangt es von außen oder durch die über­las­te­te Kana­li­sa­ti­on ins Gebäude.“

Die Fol­gen sind meist schlimm: nas­se Wän­de, beschä­dig­te Böden und zer­stör­te Ein­rich­tun­gen. Und beson­ders tückisch: Für Rückstau­schä­den haf­ten Grund­stücks­ei­gen­tü­mer in der Regel selbst. „Des­halb gilt: je bes­ser die Vor­sor­ge, des­to gerin­ger das Risi­ko“, heißt es als Tipp von der Grup­pe „Kli­ma­an­pas­sung“ der Ver­brau­cher­zen­tra­le NRW.

Schutz­maß­nah­men gegen Überflutung

Wich­tig sei es, ober­fläch­lich abflie­ßen­des Regen­was­ser gar nicht erst ans Haus her­an­zu­las­sen. Es gilt, das Was­ser sicher umzu­lei­ten oder abzu­hal­ten. Bau­li­che Maß­nah­men wie Über­da­chun­gen, Schwel­len oder Auf­kan­tun­gen an Haus­ein­gän­gen kom­men zum Bei­spiel infra­ge. Emp­feh­lens­wert sei­en auch druck­dich­te Kel­ler­fens­ter oder Abde­ckun­gen für Licht­schäch­te. Auch ein Gefäl­le, das vom Haus weg­führt, hilft, Was­ser abzuhalten.

Auf grö­ße­ren Grund­stü­cken könn­ten Gelän­de­mul­den Was­ser auf­neh­men. Außer­dem tra­gen ent­sie­gel­te Flä­chen, bei­spiels­wei­se im Vor­gar­ten, dazu bei, den Regen bes­ser ver­si­ckern zu las­sen. Beson­ders bei Neu­bau­ten soll­ten sol­che Vor­keh­run­gen direkt ein­ge­plant wer­den. Doch auch Bestands­ge­bäu­de lie­ßen sich in vie­len Fäl­len wirk­sam nachrüsten.

Vor­keh­run­gen gegen Rückstau

Was­ser, das nicht mehr über die Kana­li­sa­ti­on abflie­ßen kann, sucht sich einen ande­ren Weg – oft über Toi­let­ten, Boden­ab­läu­fe oder Wasch­ma­schi­nen­an­schlüs­se im Kel­ler. Das endet bit­ter. Wer lie­ber auf Num­mer sicher gehen will, ver­zich­tet schon beim Bau­en mög­lichst auf Abflüs­se unter­halb der Rück­stau­ebe­ne und ver­schließt nicht benö­tig­te Anschlüsse.

Eine instal­lier­te „Hebe­an­la­ge“, die Abwas­ser zuver­läs­sig über die Rück­stau­ebe­ne in den Kanal pumpt, sor­ge dafür, dass Toi­let­ten und Duschen auch bei Rück­stau wei­ter­hin genutzt wer­den kön­nen. „Wer auf ein­fa­che und kos­ten­güns­ti­ge Rück­stau­klap­pen setzt, schützt das Gebäu­de ledig­lich vor dem Ein­drin­gen von Was­ser aus dem öffent­li­chen Kanal, sorgt aber nicht für den Abfluss. Wer län­ger abwe­send ist, soll­te vor­ab die Rück­stau­klap­pen ver­rie­geln und die Kel­ler­fens­ter schlie­ßen“, raten die Verbraucherschützer.

Fach­ge­rech­ter Einbau

Die bes­te Tech­nik nüt­ze aber wenig, wenn sie falsch instal­liert wird. Für die Pla­nung und den Ein­bau von Rück­stau-Schutz­lö­sun­gen sei­en qua­li­fi­zier­te Sani­tär­fach­be­trie­be oder Inge­nieur­bü­ros für Was­ser­wirt­schaft die rich­ti­gen Ansprech­part­ner. Bei Neu­bau­ten soll­ten Fach­leu­te eine Rück­stau-Siche­rung gleich von Anfang an mitdenken.

Regel­mä­ßi­ge Wartung

Hebe­an­la­gen und Rück­stau­ver­schlüs­se müss­ten regel­mä­ßig gewar­tet wer­den – sonst dro­he im Scha­dens­fall der Ver­lust des Ver­si­che­rungs­schut­zes. Manu­el­le Rück­stau­klap­pen könn­ten nach Anlei­tung selbst gepflegt wer­den. Wich­tig ist aber, jede War­tung zu doku­men­tie­ren. Vie­le Fach­fir­men bie­ten auch War­tungs­ver­trä­ge an. „Am bes­ten hier meh­re­re Ange­bo­te ein­ho­len und nicht nur den Preis, son­dern auch die ent­hal­te­nen Leis­tun­gen vergleichen“.

Rich­tig versichert

Wich­tig ist auch zu wis­sen: Rückstau­schä­den sei­en nicht auto­ma­tisch in der Wohn­ge­bäu­de- oder Haus­rat­ver­si­che­rung abge­deckt. Wer also auf Num­mer sicher gehen will, muss den Schutz gegen Rück­stau, Über­schwem­mung und wei­te­re Natur­ge­fah­ren expli­zit in sei­nen Ver­trag auf­neh­men. Und Ach­tung: Man­che Ver­si­che­rer ver­lan­gen im Scha­dens­fall Nach­wei­se über den funk­tio­nie­ren­den Rückstau­schutz und die regel­mä­ßi­ge War­tung. „Ein Blick ins Klein­ge­druck­te lohnt sich also in jedem Fall“, lau­tet der Rat der Verbraucherzentrale.

Mit der VHS: „Kli­ma­spa­zier­gang“ in Höxter

Über die Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels und zuneh­men­der Wet­ter­ex­tre­me infor­miert ein kos­ten­frei­er „Kli­ma­spa­zier­gang“ der Ver­brau­cher­zen­tra­le NRW am Diens­tag, 1. Juli 2025, ab 17 Uhr in der Stadt Höx­ter. Ein Schwer­punkt liegt auf Extrem­wet­ter­er­eig­nis­sen wie Stark­re­gen und Hoch­was­ser. In Koope­ra­ti­on mit der VHS Höx­ter-Mari­en­müns­ter und dem Kli­ma­schutz­ma­nage­ment der Stadt Höx­ter wer­den auf der 1,5‑stündigen Tour durch das Stadt­ge­biet Anpas­sungs­mög­lich­kei­ten und Hand­lungs­al­ter­na­ti­ven gezeigt. Die Anmel­dung erfolgt per E‑Mail über die VHS (vhs@vhs-hoexter.de).

Quel­le:https://www.westfalen-blatt.de/owl/kreis-hoexter/marienmuenster/starkregen-stromleitungen-voerden-verbraucherzentrale-3324613